Geburt einer Legende

Seriensieger, Traum vieler Menschen, Design-Ikone und Gegenstand zahlloser Geschichten und Phantasien: der 911er. Aber erst einmal zurück auf Anfang. Es hatte alles eher zufällig begonnen: Ferry Porsche konstruierte 1948 - auf Basis des von seinem Vater Ferdinand Porsche entwickelten VW-Käfer - den Bau einer kleinen Serie von 50 Sportwagen. Den Porsche 356. Bis 1965 sollten 76.303 Exemplare dieser Baureihe verkauft werden. Porsche war der Aufstieg zu den großen Sportwagenherstellern gelungen. So musste man sich bereits 1956 Gedanken über ein Nachfolgemodell machen.

Die ersten Entwürfe des Designers Albrecht Graf Goertz wurden abgelehnt. Graf Goertz hatte eben erst den BMW 507 gezeichnet und galt als Top-Designer dieser Zeit. Die Entwicklung der einzigartigen Form gelang schließlich Ferdinand Alexander Porsche. Auf der technischen Seite wanderte ein fertig entwickelter Sechszylinder auf dem Schrottplatz, da dieser den hohen Ansprüchen nicht genügte. Dem jungen Hans Metzger gelang es dann den serienreifen Sechszylinder zu entwickeln.
Als die Weltpremiere des neuen Porsche mit der Typenbezeichnung 901 im September 1963 auf der IAA bekannt gegeben wurde, existierten nur Prototypen. Die Serienproduktion lief erst am 14. September 1964 an. Peugeot untersagte die Vewendung der Bezeichnung 901. Ganz pragmatisch wurde die 0 durch die Ziffer 1 ersetzt, da diese ja bereits für das Typenemblem ohnehin produziert wurde. Das Modell wurde von 901 in 911 umbenannt: die Legende des 911 war geboren.

Obwohl der "901" positive Rückmeldungen bei der IAA erhalten hat, hemmte der Preis zunächst den Erfolg. Mit 23.900 DM lag er deutlich über dem Preis des 356 und sogar 2.000 DM über dem Preis des neuen SL von Mercedes-Benz.

Der Motor des 901

Aus dem Buseum-Archiv: Porsche 911 Ur- /F-Modell 1963 - 1972
Aus dem Buseum-Archiv: Porsche 911 Ur- /F-Modell 1963 - 1972

Der Motor des Porsche 356 war vom Käfer abgeleitet und ist über die Jahre hin verbessert worden. Für das Nachfolgemodell 901 hatte sich Ferry Porsche einen Sechszylindermotor in den Kopf gesetzt. Die Vorgabe war, dass es weiterhin ein luftgekühlter Boxermotor sein sollte. Nach vielen Fehlschlägen gelang es endlich Hans Mezger und Ferdinand Piech ein Aggregat zu entwickeln, welches den Ansprüchen Ferry Porsches gerecht wurde. Die technischen Daten lauten:

  • 6 Zylinder
  • 1.991 ccm Hubraum 
  • 66 mm Hub
  • oben liegende Nockenwelle
  • 130 PS bei 6.200 U/min
  • Solex-Dreifachvergaser
  • Trockensumpfschmierung

911 Coupé 2.0

Nur vier Monate nach Auslieferung des ersten Serienfahrzeugs trat Porsche im Januar 1965 mit einem 911er an der Rallye Monte Carlo teil. Im signalroten Auto mit der Startnummer 147 fuhren Herbert Linge und Peter Falk nach 4.600 anstrengenden Kilometern auf Anhieb auf den fünften Rang im Gesamtklassement. Eine beachtliche Leistung bedenkt man, dass weder Fahrer noch Fahrzeug angemessen vorbereitet waren. Abweichend zum Serienmodell waren, drei Strahler (zwei vorne und einer auf dem Dach über dem Rückspiegel), ein 100-Liter-Tank, Sicherheitsgurte, Unterbodenschutz, 160 statt 130 PS und ein ZF-Sperrdifferential verbaut. Außerdem erhielt das fünf-Gang-Gettriebe eine kürzere Übersetzung.

Der Porsche 912

Der 911er war ohne Zweifel bei Porsche-Fans und Sportwagen-Begeisterten beliebt. Allerdings schreckte der hohe Kaufpreis doch manche Kunden und potenziellen Käufer zurück. Porsche musste reagieren. So wurde der 90 PS Vierzylinder-Boxer aus dem 356 C in die neue Karosserie transplantiert und fertig war der Porsche 912 (nebenbei mein Traumauto).

Der Porsche Typ 912 kostete 1967 mit 4-Gang-Getriebe DM 16.250,- und mit 5-Gang-Getriebe DM 16.590,- und damit unter dem Elfer. Die Taktik ging auf: Insgesamt wurden 23.806 Exemplare ausgeliefert. Den 912 gab es als Coupé und ab 1968 auch als Targa.

911 E 2.0 Cpoupé

In den frühen 60er Jahren entwickelte Bosch eine Einspritzanlage, die auch bei den Porsche Ingenieuren auf Interesse stieß. Die Entwicklung der Motoren mit einer mechanischen Saugrohreinspritzung und Sechsstempelpumpe aus dem Rennsport waren bereits 1966 serienreif. Zusammen mit Verbesserungen am Fahrwerk und einer neuen Zündung war der Porsche 911 E 2.0 in den Autohäusern zu finden. Der 911 E leistete 140 PS bei 6.600 U/min und beschleunigte bis auf 215 km/h Spitzengeschwindigkeit. Der erste 911 mit Einspritzer blieb allerdings nur ein Jahr als 2-Liter-Modell im Programm und wurde von der 2.2-Liter-Sechszylinderversion abgelöst. Dem seltenen 911 E verdankt Porsche, dass die strengen US-Abgasvorschriften eingehalten werden konnten. Auch der 911 E war als Coupé und als Targa erhältlich.

911 S 2.4

Im Jahre 1970 wurde - speziell für die "Rallye Tour de France" - ein Elfer mit 260 PS und 2.4-Liter-Motor erprobt. Die Rallye ging über 4.525 Kilometer und war extrem hart. Von 112 gestarteten Fahrzeugen sahen nur 46 die schwarz-weiß-karrierte Flagge. Hauptkonkurrenten waren die beiden Matra V12-Rennwagen. Porsche Werksfahrer und Vorjahressieger Gérard Larrouse motivierte seine Mechaniker indem er eine Kiste Champagner in Aussicht stellte, wenn es ihnen glänge den 911er unter 800 Kilogramm Gewicht zu bekommen. Larousse war klar, dass er mit dem ursprünglichen Gewicht gegen die übermachtigen Matra V12 chancenlos gewesen wäre. Die Mechaniker haben geliefert: Mit 789 kg Gesamtgewicht war der gelbe-orangene Rennwagen mit Shell-Werbung (S-U 9370) der leichtestes 911-Rennwagen in der Geschichte des Hauses Porsche. Dies war möglich dank eines Magnesium-Kurbelgehäuses und radikaler Gewichtsreduzierung. Larrouse belegte mit seinem Beifahrer Maurice Gélin Rang 3 hinter den beiden Matra. Ach ja: Larousse hat seine Wettschulden eingelöst und seinen Mechanikern eine Kiste Champagner spendiert.

911 Carrera RS 2.7

Die Evolution geht weiter! 1972 präsentierte Porsche auf dem Pariser Autosalon den Carrera RS. Voraussetzung für die Teilnahme an der GT3-Rennserie war, dass mindestens 500 Fahrzeuge gebaut wurden. Für DM 33.000,- konnten Porsche-Kunden den 960 Kilogramm leichten Elfer käuflich erwerben. Der Sechzylinder-Motor mit 210 PS brachte es auf 240 km/h Spitze und von 0 auf 100 unter 6 Sekunden. Noch während der Präsentation auf der Messe in Paris wurden 51 Bestellung unterzeichnet. Bereits im November wurde das Verkaufsziel von 500 der Elfer mit "Entenbürzel" erreicht. Porsche konnte für die GT3 homologieren und es fiel die Entscheidung weitere 500 Fahrzeuge zu bauen. Damit war der Weg frei, um auch in der Gruppe 4 Rennserie einschreiben zu können. Auf die zweite Tranche war rasch ausverkauft und viele treue Porsche-Kunden beschwerten sich keine Zuteilung bekommen zu haben. Für DM 1.000,- Aufpreis wurden daraufhin noch einma 580 Fahrzeuge ausgeliefert. Alles in allem 1.580 Porsche 911 RS 2.7.

911 Carrera RSR 3.0

Was ist besser als Hubraum? Richtig - noch mehr Hubraum. Ein Jahr nach dem Carrera RS 2.7 hat Porsche den RS 3.0 als Straßenversion mit 3-Liter Hubraum und 230 PS angeboten. Die Rennversion als RSR 3.0 hatte zunächst 313 PS und in der Evolutionsstufe sogar 330 PS. Im Jahre 1974 wurden ab Werk 42 der 98 Fahrzeuge für die Rennstrecke als RSR-Version ausgeliefert. Die Carreras waren auf der Rennstrecke so erolgreich, dass 1975 noch zwölf weitere Exemplare der Rennversion entstanden.

911 Carrera 3.2 4x4

Im Jahre 1983 gewann Jacky Ickx die Rallye Paris-Dakar mit einer Mercedes G-Klasse. Im selben Jahtr erreichte er auf dem Rothmans Porsche 959 Rang 2 bei den legendären 24-Stunden von LeMans. Er äußerte den Wunsch im folgenden Jahr mit einem Porsche bei der Rallye Paris-Dakar teilnehmen zu können. Das passte der Porsche Rennleitung gut ins Konzept, denn man arbeitet bereits an einem speziellen 911 Carrera, der mit den Achsen des 959 zu einem Allrad umgebaut wurde. Der 4x4 wurde unter anderem mit einem hydraulischen Wagenheber, einem größeren Tank, Wasserkanister und Sandschaufeln ausgestattet, um der Wüste trotzen zu können. Besonders genial: die beiden Ersatzräder waren im Heck untergebracht. Durch eine abnehmbare Heckscheibe konnten die Räder entnommen werden. Kampfgewicht des Allrad-Elfers waren 1.247 Kilogramm. Der 3.2-Liter Motor des 911 sorgte mit 225 PS dennoch für ordentlich Vortrieb und gutes Drehmoment. Porsche holte den Gesamtsieg, allerdings nicht mit Jacky Ickx sondern mit dem Team Metge/Lemoyne. Ickx/Brasseur wurden Sechster.

911 Turbo

Wieder einmal war die IAA in Frankfurt Schauplatz für den Start einer Porsche Legende. 1973 präsentierte Porsche die Studie eines Porsche Carrera mit Turbolader. Sehr mutig, da zu dem Zeitpunkt die Ölkrise omnipräsent war. Die Resonanz auf den Prototypen war extrem positiv. So nach dem Motto: Keine braucht ihn, aber jeder will ihn. So fand man ein Jahr später den Elfer Typ 930 auf dem Pariser Autosalon. Das neue Top-Modell mit 260 PS im Porsche-Bestellkatalog verkaufte sich gut. 1977 folgte eine 3.3-Liter-Version mit Ladeluftkühler und satten 330 PS. Von 0 auf 100 km/h in 5,3 Sekunden katapultierte er Fahrer und Fans in den Porsche-Himmel eher bei 260 km/h aufhörte schneller werden zu wollen. Erst 10 Jahre später wurde der Turbo-Elfer als Cabrio und als Targa angeboten. Lediglich 1.491 Cabrios und 657 Targas wurden vom 930 ausgeliefert ehe der 911 Turbo 1990 einen Generationenwechsel auf Basis des 964 vollzogen hat.

Carrera 3.2 Speedster

Als eine Hommage an den 356 Speedster wurde dem 911 für die IAA 1987 die Frontscheibe um 80 mm gekürzt, die Dreiecksfenster in den Türen entfernt und eine Kunststoffklappe über das Verdeck gezogen. Die Studie wurde zwei Jahre später, im Januar 1989, zum Kauf angeboten. Anfänglich hatte der Speedster schmale Kotflügel hinten, da bei Porsche aber noch knapp 2.000 Turbo-Breitkarossen auf Lager waren, entschied man diese beim Speedster zu verbauen – die sogenannte Turbo-Optik. Der Großteil der 2.056 verkauften Speedster haben den Turbo-Hintern. Bewaffnet war der 911 Speedster mit einem 3.2-Liter Boxermotor mit 231 PS. Die Porsche Werbeabteilung promotete mit dem Slogan: „Ein Cabrio ist ein geschlossenes Auto, das man offen fahren kann. Ein Speedster ist ein offenes Auto mit einem Klappverdeck“. Von 0 auf 100 km/h bis zu 245 km/h im offenen Auto: das hat doch was.

911 Carrera 2 Cup

Im 911 Typ 964 RS war es mitunter einsam, denn beim Cup-Fahrzeug hatte man auf den Beifahrersitz und die Rückbank verzichtet. Unterhalten konnte man sich ohnehin nicht, da auch auf das Dämmmaterial verzichtet wurde. Außerdem wollten die 265 PS ohne Servolenkung kontrolliert werden. Ein Kofferraumdeckel aus Aluminium und dünnere Scheiben halfen beim Einsparen von Gewicht. Neu waren das ABS und ein Katalysator. Sicher die schönste Art einsam zu sein.

911 Carrera RS 3.8 Clubsport

Für die Zulassung bei der internationalen Gruppe N-GT musste 1.000 Fahrzeuge gebaut und verkauft werden. Letztendlich sollten es ab 1995 dann doch 1.203 Clubsport Elfer des Typs 993 Carrera RS sein, die einen Besitzer gefunden haben. Sicher kann ein Teil des Verkaufserfolgs dem Ruhm und Ambiente des Motorsports für die straßenzugelassenen Autos zugesprochen werden. Als Zweisitzer (Vorgabe für die Langstreckenrennen) mit 300 PS und dem überholten Sechszylinder-Motor war der Carrera um 100 Kilogramm leichter als der normale Carrera, dafür war der Preis höher. Verkauft wurde der Rennflitzer für die Straße für 147.900 DM.

Die Erfolgsgeschichte des Porsche 911 hält ungebrochen bis heute an. Auch meine Begeisterung für moderne 911er ist vorhanden - allerdings nicht so ausgeprägt wie für die Modelle bis 1998 (Typ 993).

"Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierungen", Ferdinand Alexander Porsche